Was Haltung und Fütterung der Tiere mit unserem Lebensmittel „Fleisch“ machen

In meinem letzten Beitrag habe ich über den Medienevent von Schweizer Fleisch rund um das Thema Haltung und Fütterung gesprochen (den Beitrag kannst du dir hier ansehen (klick!)). Dieser Event hat mich sehr nachdenklich gestimmt, wobei mir schon seit langer Zeit Gedanken zu genau diesem Thema im Kopf herumschwirren. Wie werden Tiere aktuell in der Schweiz gehalten? Ist die Haltung tatsächlich so viel besser als im Ausland, wie es immer propagiert wird? Inwiefern beeinflusst das mich und meine Gesundheit? Was kann ich als Konsument tun?

Wie die Tiere gehalten und gefüttert werden beeinflusst stark die Qualität der tierischen Produkte!

Was Haltung und Fütterung der Tiere mit unserem Lebensmittel „Fleisch“ machen

Der Anlass von vor zwei Wochen hat mich wieder einmal stark zum Nachdenken angeregt. Mir ist es wichtig, auf die Haltung und Fütterung der Tiere zu achten – nicht nur aus ethisch-moralischer Sicht, sondern auch meiner Gesundheit zuliebe. Was meine ich damit?

Moralischer Aspekt

Auch wenn ich damit vielleicht in das eine oder andere Fettnäpfchen trete und nicht alle meine Meinung teilen werden, so muss ich doch den moralischen Aspekt hier anfügen. Meiner Meinung nach gehört Fleisch und tierische Produkte zu einer artgerechten Ernährung des Menschen dazu.  Aus meinem moralischen Empfnden heraus muss ich aber sagen, dass wenn wir schon Fleisch essen, dass wir darauf bedacht sein sollten, dass dieses Tier ein möglichst schönes Leben hatte, artgerecht gefüttert wurde und nicht permanentem Stress ausgesetzt war. Zusätzlich dazu sollte möglichst alles vom Tier verwertet und verwendet werden, wenn es denn schon auf die Schlachtbank geführt wird.

Mehr zum Nose-to-Tail-Prinzip findest du in diesem Beitrag von mir (klick).

Ein spannender, ergänzender Beitrag dazu ist der Vortrag von Sam Feltham genau zu diesem Thema – er beleuchtet übrigens nicht nur ethische, sondern auch die ökologischen Aspekte der Viehzucht – spannenderweise im direkten Vergleich zu vegetarischer oder veganer Ernährung:

https://www.youtube.com/watch?v=r8i2HyElGZc

Fütterung

Fragen wir uns einmal, wie artgerechte Fütterung bei Kühen aussieht: Automatisch erscheint uns ein Bild von Kühen auf saftigen, grünen Wiesen. Bei Schweinen ist es so, dass sie Omnivore sind – das heisst, sie verwerten diverse Nahrungsmittel. Ideal ist ihre Haltung und Fütterung, wenn sie ihre Nase einsetzen können und sich damit durch den Boden wühlen können. Dabei fressen sie Nüsse, Pilze, Regenwürmer und der gleichen. Bei Hühnern sieht es ähnlich aus – auch sie brauchen Auslauf und fressen mehr als einfach nur Körner! [4] Wer schon einmal ein Video gesehen hat, wie ein Huhn eine Maus fängt (und frisst), weiss, was ich meine.

https://www.youtube.com/watch?v=3lxgSth8Ces

Wird ein Rind mit Gras gefüttert, zeigt sich das in einer Gelbfärbung des Fettes (aufgrund der im Grad enthaltenen Carotinoide) – wohingegen bei einer Fütterung mit Heu und Mais das Fett heller wird [1].

Eine Weidetierhaltung bzw. eine Grassfütterung lässt nicht nur den Omega-3-Gehalt im Fleisch ansteigen [5], sondern unterstützt die Bildung von Vitamin E, einem fettlöslichen Vitamin, das eine antioxidative Wirkung hat [2]. Da es fettlöslich ist, wird es vermehrt im Fettgewebe des Tieres gespeichert – weshalb fettere Fleischstücke auch einen höheren Anteil an Vitamin E enthalten. Da den Tieren jedoch vermehrt ungesättigte Fette verfüttert werden (z.B. in Form von Raps- oder Sonnenblumenabfällen), nimmt der Gehalt an gesättigten Fetten im Fleisch ab; dadurch werden die Zellmembranen im Fleisch instabiler, was es wiederum anfälliger macht, ranzig zu werden.

Hier hat die Landwirtschaft herausgefunden, dass sie mit einer Zugabe von Vitamin E über das Futter dem entgegenwirken können – dabei hätte eine artgerechte Haltung und Fütterung die gleiche Wirkung, nur dass das Fleisch zusätzlich dazu noch ein besseres Fettsäureprofil, einen besseren Geschmack und eine schönere Marmorierung vorzuweisen hätte [3].

Bei verarbeiteten Fleischprodukten ist die Situation noch schlimmer: Denn je instabiler das Fleisch ist, desto mehr Lebensmittelzusätze müssen in Wurstwaren und Co. hinzugefügt werden, damit das Fleisch lange haltbar bleibt (dazu kommen dann auch noch, nebst vielem anderen, Farbstoffe, damit das Fleisch schöner aussieht).

Das heisst: Je verarbeiteter das Fleisch, desto belasteter ist es mit Zusatzstoffen.

Effizienz statt Tierwohl und Fleischqualität

Am Event von vor zwei Wochen habe ich eines realisiert: Der Trend in der Landwirtschaft geht eindeutig in Richtung Effizienz und nicht in die des Tierwohls und der Qualität.

Der Eiweiss- und Kraftfutteranteil der Nahrung setzt auf die Masteffizienz – also dass die Tiere günstiger und schneller fett werden und ihr Schlachtgewicht erreichen. Mit Weidetierhaltung und entsprechender Grasfütterung wird nicht ein so starkes Muskelwachstum erreicht.

Der Eiweissanteil soll also hoch sein und gleichzeitig günstig: Deshalb importiert die Schweiz haufenweise Soja aus dem Ausland, um möglichst günstiges Futter für die Tiere zu haben.

Fettzusammensetzung:

Die gesättigten Fette wurden aufgrund der Fett-Phobie mehr und mehr „herausgezüchtet“: Die heutigen Nutztiere haben von Geburt an einen tieferen Anteil an gesättigten Fettsäuren als die Nutztiere von vor 50 Jahren. Dadurch verliert das Fleisch nicht nur einen Teil seines Vitamingehalts, sondern es verliert auch deutlich an Geschmack, an schöner Farbe und wird schneller ranzig.

Marmorierung:

Was für Fleischliebhaber ein klares Qualitätsmerkmal ist, ist für andere ein Graus: Tatsache ist aber, dass eine schöne Marmorierung des Fleisches vom Fettgehalt beim Tier abhängig ist. Wird es weniger fett gezüchtet oder entsprechend gefüttert (steigender Protein-Anteil), nimmt auch die Marmorierung und damit ganz klar der Geschmack des Fleisches ab.

Haltung:

Massentierhaltung und der Fokus auf Effizienz – also ein schnelles Erreichen des Schlachtgewichts eines Tieres mit gleichzeitig geringen Kosten – verringern die Fleischqualität enorm. Zum einen ist durch die Massentierhaltung die Hygiene deutlich geringer – dadurch sterben Tiere häufiger und es kommt zum präventiven Einsatz oder zu vermehrtem Einsatz von Antibiotika (in der Schweiz ist der präventive Einsatz hingegen verboten). Durch die schlechten Haltungsbedingungen ist auch die Stressbelastung der Tiere grösser – dadurch verschlechtert sich der Geschmack des Fleisches und die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere krank werden, ist ebenfalls höher.

Gibt es keine Anreize vom Bund?

Ich habe mich gefragt: Gibt es keine Anreize von Seiten des Bundes, um die artgerechte Haltung und Fütterung zu fördern? Also hauptsächlich Gras zu füttern und Weidetierhaltung zu praktizieren? Doch, die gibt es, sagt Thomas Jäggi vom Schweizer Bauernverband. Allerdings stehen Direktzahlungen an die Bauern in der Kritik, der Trend geht also immer mehr weg von den Direktzahlungen, das Budget dafür wird ebenfalls immer kleiner. Die Vorgaben für die sogenannten Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (kurz: GMF), das sind die Anreize vom Bund für eine entsprechende gras-basierte Fütterung, sind hoch:

Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion in der Schweiz

„Wer teilnehmen will, muss seinen Raufutterverzehrern in der Jahresration mindestens 90% Grundfutter füttern. Dazu gehört auch Mais. Weiter muss die Jahresration im Talgebiet zu mindestens 80% und im Berggebiet zu mindestens 90% aus Wiesen- und Weidefutter bestehen.

Zum Grundfutter zählen Gras (frisch, siliert, getrocknet), Ganzpflanzenmais (frisch, siliert, getrocknet), CCM (nur in der Rindviehmast), Futter- und Zuckerrüben, Zuckerrübenschnitzel (frisch, siliert, getrocknet), Rübenblätter, Chicorée-Wurzeln, Kartoffeln, Abgang aus der Obst- und Gemüseverwertung, Biertreber (frisch) oder verfüttertes Stroh. Alle nicht als Grundfutter geltenden Futtermittel fallen in die Kategorie Kraftfutter.“ (Quelle: www.schweizerbauer.ch)

Der Rest des Futters darf aus Kraftfutter bestehen, was wiederum notwendig für eine wirtschaftliche Milchproduktion sei.

Was meint Thomas Jäggi dazu? Er schreibt:

Bisher ist der Markt für solche Produkte (Anmerkung: aus Weidehaltung und Grasfütterung) bescheiden geblieben. […] Damit kommen wir automatisch zu den anderen Fragen was der Konsument tun kann, um für das Tierwohl und die „Grasqualität“ der Produkte. Ganz einfach es gibt die verschiedenen Label und nur wenn diese auch nachgefragt werden, bleiben sie mittel- und langfristig im Sortiment oder auf dem Markt.“

Was bedeutet das für uns?

Es bedeutet, dass die Grossverteiler, die jeweils das Fleisch, die Milchprodukte und die Eier bei den Bauern einkaufen, enorme Macht besitzen. Denn in Irland werden zum Beispiel die Kerrygold-Bauern nicht nach der Milchleistung (also nach der Effizienz ihrer Kühe), sondern nach dem guten Fettsäurenverhältnis bezahlt, das sich wiederum durch möglichst ganzjährige Weidehaltung und Grasfütterung positiv beeinflussen lässt.

Uns bleibt nichts anderes übrig, als dem Markt mit unseren Kaufentscheidungen so klar wie möglich zu signalisieren, dass ein Bedarf an solchen Produkten aus Weidehaltung und Grasfütterung besteht – nur so schaffen wir es, dass es a) mehr von diesen Produkten gibt und b) diese auch weiterhin im Sortiment zu finden sind.

Aber ich bin froh, dass wir einen Verband haben in der Schweiz, der sich für das Tierwohl und die Qualität des Fleisches und der tierischen Produkte einsetzt. Mehr zum Thema erfährst du hier (klick!).

Was ist deine Meinung dazu? Und worauf achtest du beim Einkauf?

Alles Liebe,

Romina

 

Quellen:

[1] – https://www.oekolandbau.de/fileadmin/redaktion/oeko_lehrmittel/Ernaehrungswirtschaft/Fleischerhandwerk/fl_modul_b/fl_b_01/flmb01_06_2010.pdf
[2] – http://revistas.inia.es/index.php/sjar/article/view/4096
[3] – https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/Document_derivate_00000175/S1714-6_ocr.pdf;jsessionid=DE653FF3B6541DEA5441C9780909E938
[4] – https://www.lid.ch/medien/mediendienst/detail/info/artikel/anderes-tierfutter-anderes-produkt/
[5] – http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1541-4337.12230/full

https://books.google.ch/books?id=5H-N7uonpLMC&pg=PA70&lpg=PA70&dq=tierfutter+einfluss+auf+fleischqualit%C3%A4t&source=bl&ots=h0Jn5nlKMj&sig=PYDTBxwyzYlZow4_vxTB78vVZ6g&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiwr4KumtLXAhXIqKQKHaseBLoQ6AEISTAF#v=onepage&q=tierfutter%20einfluss%20auf%20fleischqualit%C3%A4t&f=false

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22443914

http://www.evolutionradioshow.de/112

http://www.anita-idel.de/htm/projekte.html

https://www.schweizerbauer.ch/tiere/milchvieh/huerden-fuer-graslandbasierte-milch–und-fleischproduktion-sind-hoch-10294.html

Romina Scalco

Romina Scalco hat nach unzähligen fehlgeschlagenen Diäten und gesundheitlichen Problemen mit Low Carb die Lösung für sich gefunden. Seit 2013 schreibt die Bloggerin und Buchautorin auf ihrem Low Carb Blog über eine Ernährung, die ganz nach dem Bauchgefühl geht, was Abnehmen mit Glücklichsein zu tun hat, wie du glücklicher sein und wie du gesunde Gewohnheiten in deinen Alltag implementieren kannst. Ihr Motto: Es gibt nicht DIE Ernährungsform für alle. Finde Deinen persönlichen Weg.

4 Gedanken zu „Was Haltung und Fütterung der Tiere mit unserem Lebensmittel „Fleisch“ machen“

  1. Hey Romina,
    vielen Dank für deinen Beitrag, hat mir sehr bei meinem MSA Thema für die Schule weiter geholfen. Dieses dreht sich nämlich auch um Massentierhaltung.
    Lg, Adele

    Antworten
  2. Guten Abend, Romina. Danke für den interessanten Artikel. Es gibt allerdings auch (oder gerade) in der Schweiz viele Bauern, die ihre Tiere hauptsächlich auf der Weide halten und mit Gras füttern. Mehr über sie erfährt man unter anderem an der beef.ch (www.beef.ch). Der erwähnte Medienevent hat in dieser Hinsicht vielleicht nicht ganz einen repräsentativen Eindruck hinterlassen. Wir würden uns freuen, Dich auch einmal an der beef.ch begrüssen zu dürfen.

    Antworten
    • Lieber Daniel

      Ich schreibe hier ja hauptsächlich als Endkonsumentin; aus meiner Sicht ist das leider sehr schwer auseinander zu nehmen und auch zu überprüfen, welches Fleisch von welchen Labels tatsächlich nur Gras gefüttert bekommen haben und möglichst das ganze Jahr auf der Weide standen und welche z.B. hauptsächlich Raufutter bekommen haben. Aber ich komme sehr gern mal an die Beef, um mir ein genaueres Bild zu machen! Danke für den Hinweis und die Einladung!

      Liebe Grüsse,
      Romina

      Antworten

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