Mist, ein Ausrutscher… Was nun?

Ich werde oft gefragt, was man denn tun soll, wenn man mal einen Ausrutscher hatte. Ich finde, das ist eine ganz individuelle Sache, ob und wie man das handhabt. Denn es gibt viele Gesichtspunkte, die diese Entscheidung beeinflussen können. Meine Gedanken dazu.

Was sind Ausrutscher?

Für alle, die noch nicht wissen, was ein Ausrutscher ist: Ein Ausrutscher ist ein Snack, eine ganze Mahlzeit oder ein ganzer Tag, den man nicht Low Carb, LCHF- oder ketogen-konform gestalten konnte. Ich möchte den Ausrutscher klar von einem Cheatday oder Cheatmeal abheben, denn ein Cheatday oder ein Cheatmeal sind bewusst geplante, manchmal sogar richtiggehend gefeierte und ritualisierte Ausnahmen, wobei ein Ausrutscher unfreiwillig passiert.

Mehr zum Thema Cheatdays erfährst du übrigens hier (klick!).

Was heisst hier unfreiwillig?

Manche ultraharten Low Carbler sagen gerne, dass ja niemand da war und einem den nicht Low Carb konformen „Frass“ in den Mund gestopft hat oder mit der Knarre gezwungen hat, den Scheiss zu essen und das mag an sich richtig sein. Trotzdem gibt es Situationen, die besonders für Anfänger, aber auch für hartgesottene, langjährige Low Carbler eine echte Herausforderung darstellen.

Typische „Stolperfallen“ bzw. Situationen für einen Ausrutscher

Fast jeder von uns hatte schon mal den einen oder anderen Ausrutscher. Ich möchte gerne ein paar dieser Situationen aufführen, damit vielleicht der eine oder andere daraus lernen kann oder aber auch sehen kann, dass Ausrutscher schon auch mal menschlich sein können.

Plötzlicher Hunger

Das ist zwar hauptsächlich eher ein Anfängerproblem, trotzdem kann es auch mich mal erwischen, dass ich aus dem Haus gehe, ein Termin viel länger geht als gedacht und ich keine Snacks mit dabei habe. Mittlerweile weiss ich, was ich mir auswärts und auf die Schnelle kaufen kann, um den kleinen Hunger zu überbrücken, aber vor allem am Anfang wird man vom schnellen Hunger oft schnell überfordert. Wenn du dann dir vorab keine Strategie zurechtgelegt hast, greifen oftmals die alten Essgewohnheiten durch. Und schwupps, ein Ausrutscher ist passiert.

Eine Einladung bei Freunden & Familie

Mit der Zeit hast du vielleicht genau so ein Glück wie ich, dass deine Freunde und deine Familie Rücksicht auf deine Essgewohnheiten nehmen. Das braucht allerdings Zeit und je nach Umfeld auch eine Menge Geduld und Aufklärungsarbeit. Sollte dein Umfeld noch nicht Rücksicht auf dich nehmen oder schlicht kein Verständnis zeigen, gibt es ein paar Tricks und Kniffe, die dir vielleicht helfen:

  • Iss dich vorher richtig satt
  • Frag vorab, was es zu essen gibt
  • Frag, ob du etwas beisteuern kannst (das dann natürlich Low Carb ist)
  • Frag, ob es in Ordnung wäre, etwas für dich zu essen mitzubringen (Stichwort: Tupperware!). Und ja, das solltest du immer vorab beim Gastgeber abklären, denn ob Freund oder Familie: Hier geht es schlicht und einfach um Höflichkeit und Respekt. Wir wollen ja niemanden ernsthaft kränken oder verletzen!
  • Pack ein paar Snacks ein, die du im Notfall heimlich essen kannst.
  • Extra Tipp für Anfänger: In den ersten vier Wochen empfehle ich, Einladungen abzulehnen oder zu verschieben, bis du die Umstellung richtig verinnerlicht hast.

Sozialer Druck

Mitmenschen können ein Geschenk sein, eine Bereicherung für unser Leben – und bei Ernährungsumstellungen eine wahre Plage. Du findest sie überall, die aufdringlichen, verständnislosen Druckaufbauer, die dich zwingen wollen, jetzt doch eine Scheibe vom leckeren, extra selbstgebackenen Brot zum Salat dazu zu essen. Weit verbreitet sind sie im Familien- oder Bekanntenkreis, in Rudeln kommen sie auch häufig in Form von Arbeitskollegen vor.

Nimm dich vor ihnen in Acht! Spass beiseite, aber hier gibt es nur einen Weg da durch: Standhaft bleiben und höflich ablehnen. Sie werden dich immer wieder auf die Probe stellen. Irgendwann aber, wenn du stets standhaft bleibst, werden sie aufgeben und dich mit deiner neuen Ernährungsweise akzeptieren.

Am ehesten gelingt das, wenn du dich vorher mental darauf vorbereitest. Nimm dir vor, nichts davon zu essen, lehne dankend und höflich ab. Lege dir im Kopf zurecht, was du antworten möchtest.

Wenn es dir hilft, kannst du auch eine Notlüge einbauen, zum Beispiel, dass du allergisch reagierst. Jeder mit gesundem Menschenverstand sollte dann aufhören, dir etwas unterjubeln zu wollen.

Oder du schreibst dir vorab einen Zettel mit Argumenten, warum dir Low Carb gut tut und steckst in dir in die Hosentasche. Und jedes Mal, wenn du herausgefordert wirst, legst du deine Hand auf den Zettel, denkst an die vielen guten Argumente und dann fällt es dir viel leichter, nein zu sagen.

Auswärts essen

Viele haben Angst, auswärts essen zu gehen, weil sie Angst vor einem Ausrutscher haben. Das kann ich sehr gut nachvollziehen! Und auch ich muss hin und wieder recht kämpfen, um beim Lieblingsitaliener nicht vom feinen Pizzabrot zu probieren oder sogar eine ganze Pizza zu essen.

Aber, es gibt auch hierfür eine gute Strategie:

Schritt 1: Mach von deinem Mitspracherecht Gebrauch und such dir ein für dich geeignetes Restaurant aus. Vielleicht hast du ein Restaurant, das du gut kennst und in dem du dich sicherer fühlst. Nutz diesen „Heimvorteil“ ruhig aus.

Schritt 2: Schau dir die Karte wenn möglich vorab im Internet an und entscheide dich vorher schon, was du essen wirst. Das nimmt dir ungemein viel Druck weg und du kannst dich viel entspannter dem netten Abend hingeben.

Grundsätzlich kannst du aber in jedem Restaurant die Sättigungsbeilage abbestellen und im Gegenzug mehr Gemüse oder Salat verlangen. Ich hatte bisher noch keine Probleme deswegen 🙂

Beim Italiener gibt es hervorragende, Low Carb konforme Mahlzeiten. Ob eine Antipasti-Platte, Carpaccio, Vitello Tonnato bis hin zu Saltimbocca ohne Risotto dafür mit Gemüse, Muscheln, Fisch, Fleisch in allen Variationen. Hungern musst du da ganz bestimmt nicht. Und deine Tischnachbarn werden trotz Pizza vor der Nase ganz neidisch zu dir rübergucken 🙂

Auch beim Griechen sollte eine Low Carb Umsetzung überhaupt kein Problem sein. Fritten und  Reis einfach abbestellen, dafür mehr Tsaziki und Salat oder mediterranes Gemüse verlangen.

Asiatisch geht auch prima. Einfach alles Panierte weglassen und dafür den frischen Grill mit Meeresfrüchten, Fisch, Fleisch und ordentlich Gemüse plündern. Voilà!

Alles Ermessenssache bzw. eine Frage der Motivation

So, jetzt kennen wir die typischen Stolperfallen, bei denen viele von uns anschliessend einen Ausrutscher zu vermelden haben und einige Tipps für dessen Verhinderung habe ich ebenfalls angefügt. Trotzdem sind wir bei jeder Situation wieder erneut gefordert.

Was aber entscheidend ist, ist unsere grundlegende Einstellung zum Thema.

Entweder ist man Ausrutschern gegenüber eher aufgeschlossen, oder man ist strikt dagegen und vermeidet jegliche Abweichung vom Programm. Wie das für dich aussehen soll, musst du entscheiden.

Ein wichtiger Faktor bei dieser Entscheidung ist deine Motivation. Warum ernährst du dich Low Carb? Um abzunehmen? Oder ernährst du dich aus gesundheitlichen Gründen vielleicht nicht nur low carb, sondern strikt ketogen und es geht dir gut damit?

Es gibt einen eindeutigen Unterschied zwischen diesen beiden Wegen:

Denn jemand, der mit Low Carb seine Gesundheit immens verbessern konnte bzw. seine Krankheit dadurch in Schach halten kann, wird keinesfalls vom Kurs abweichen – denn die Folgen für sie oder ihn wären vielleicht fatal. Daher fällt es leicht, in den oben genannten Situationen die Kontrolle zu behalten und stark zu bleiben, weil man sich der schrecklichen Konsequenzen ganz genau bewusst ist.

Wenn deine Motivation aber auf dem Wunsch, abzunehmen beruht, ist die Versuchung um einiges grösser – dafür aber die Konsequenz bei einem Ausrutscher auch kleiner. Du musst dann nicht mit einer Migräne-Attacke oder einem Epilepsie-Anfall rechnen. Ein Ausrutscher bremst dich aus, vielleicht hast du Bauchweh und am nächsten Tag den sogenannten „brain fog“ – ein vernebeltes Gehirn.

Das ist ebenfalls nicht schön und obwohl die Konsequenzen weniger schlimm sind, leidet auch hier die Gesundheit darunter. Aber: Es ist nicht so schlimm wie bei denjenigen, die mit der Ernährungsumstellung eine Krankheit im Zaun halten.

Ausrutscher haben starke, psychologische Macht

Allerdings kann ein Ausrutscher auch das Ende deiner Ernährungsumstellung bedeuten. Wie das? Wenn du einen Ausrutscher hinter dir hast, obwohl du abnehmen willst, und dann trotzdem abnehmen konntest, denkst du: Ach, wie toll, das war ja gar nicht so schlimm! Und schwupps, kommt der nächste Ausrutscher, die nächste Ausnahme. Und bald bist du wieder bei deinen alten Ernährungsgewohnheiten angekommen.

Es mag nur einmal  sein, aber die Konsequenzen können, egal was deine Motivation ist, gefährlich und weitreichend sein.

Trotzdem ist es wichtig, dass wenn dir ein Ausrutscher passiert ist, nicht in Selbstmitleid oder Selbsthass zu versinken. Zerfleische dich nicht. Du bist ein Mensch, und solche Dinge können passieren. Sei nicht so streng zu dir und mach einfach weiter und gib jeden Tag dein Bestes!

Treffe die Entscheidung für dich

Daher musst du dich fragen: Ist es dieser Ausrutscher wert? Was sind die Konsequenzen? Und was ist mir wichtiger – die Abnahme, meine Gesundheit und mein Wohlbefinden oder die Ausnahme?

Je nach Anlass kann die Antwort unterschiedlich ausfallen und je nach Entscheidung kannst du dir eine entsprechende Strategie zurechtlegen. Wichtig ist, dass du dir der Konsequenzen bewusst bist.


Ich versuche, möglichst stark zu bleiben und möglichst wenige Ausrutscher und Ausnahmen zuzulassen. Denn ich weiss, dass eine kleine Ausnahme mindestens zwei strenge, disziplinierte Wochen mit perfektem Essen und hartem Training zunichte machen. Daher überlege ich mir gut, ob ich jetzt etwas nicht konformes Essen will oder nicht. Ausserdem geht es mir im Nachhinein so dermassen schlecht, dass es sich nie gelohnt hat.

Trotzdem kommt manchmal das Leben dazwischen und ich finde, wenn man kann, sollte man es in vollen Zügen geniessen. Zum Beispiel bei einem romantischen Dinner mit seinem Liebsten, bei der Hochzeit einer Freundin oder am runden Geburtstag eines lieben Menschen.

Das Leben sollte nämlich unter der Disziplin und den Anstrengungen in Richtung meiner Ziele und Wünsche trotz allem nicht zu kurz kommen 🙂

Aber, wenn es trotzdem mal einen Ausrutscher gibt, kann ich dir nur eines raten:

Aufstehen, Krönchen richten und weitermachen!

Wie bei allem gilt: Finde deinen ganz persönlichen Weg.

Viel Erfolg dabei 🙂

Alles Liebe,

deine Romina

P.S.: Wie handhabst du das? Wie sieht dein Weg aus? Und hast du noch Tipps oder Ideen für diejenigen, die noch Schwierigkeiten haben, sich durchzusetzen? Schreib mir einen Kommentar, ich bin gespannt!

Romina Scalco

Romina Scalco hat nach unzähligen fehlgeschlagenen Diäten und gesundheitlichen Problemen mit Low Carb die Lösung für sich gefunden. Seit 2013 schreibt die Bloggerin und Buchautorin auf ihrem Low Carb Blog über eine Ernährung, die ganz nach dem Bauchgefühl geht, was Abnehmen mit Glücklichsein zu tun hat, wie du glücklicher sein und wie du gesunde Gewohnheiten in deinen Alltag implementieren kannst. Ihr Motto: Es gibt nicht DIE Ernährungsform für alle. Finde Deinen persönlichen Weg.

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